Überholung ZF6HP26 Automatikgetriebe

Überholung

Alle hier genannten Informationen sind ohne Gewähr und basieren auf meinen selbst gemachten Beobachtungen. Nachahmungen auf eigene Gefahr und eigenes Risiko!

Grundsätzlich gilt bei allen Arbeiten sehr penibel und sauber zur arbeiten. Haare, Sandkörner, Dichtungsrückstände oder andere Fremdkörper verklemmen die Kolben und behindern die Funktion,

Analyse:

Zunächst einmal gilt es in Erfahrung zu bringen, wie lange der letzte Ölwechsel her ist und wie das Öl aussieht und vorallem riecht:

Ölfarbe und Geruch

Normal ist eine schwarze Trübung des Öles durch die Wandlerüberbrückungskupplung und dem Abrieb, der im Getriebe entsteht.
Keineswegs normal ist es, wenn man eine Emulsion aus Wasser und Automatiköl vorfindet -> sehr wahrscheinlich sind dann die Lamellen beschädigt und das Öl stinkt verbrannt, da es in der durchrutschenden Kupplung überhitzt wird.
Prallel hierzu speichert die Getriebesteuerung einen Fehlercode ab, wenn die Drehzahl mehr als 250-400 U/Min abweicht und somit ein Durchrutschen detektiert wird.

Glykol/Wasser

Grundsätzlich ist es sinnvoll einen Test auf Wasser / Glykol durchzuführen, da Glykol die Lamellenbeläge schädigt.
Dies kann u.A. mittels einer Zentrifuge geschehen oder per Teststreifen. Ebenso kann man auch die alte Ölmenge in ein transparentes Gefäß füllen und 1-2 Monate stehen lassen. Wenn sich dann eine weiße Ablagerung oder gar Wasser ansammelt am Boden des Gefäßes, ist Wasser im Getriebeöl enthalten und der Kühler ist möglicherweise undicht.
Eine alternative - allerdings etwas ungenau - kann der Test im Kochtopf sein, wird das Öl erhitzt, dürfen keine Wasserblasen aufsteigen. Die Unschärfe des Tests besteht jedoch darin, dass kleine Luftbläschen vom Einfüllen auch kurz aufsteigen. Für eine grobe Indikation hilft dieser Test jedoch weiter.
Die Zentrifuge hat jedoch den Vorteil, dass man gleich die Menge des Wassers im Öl bestimmen kann.

Sollte das Öl nicht sonderlich riechen und keine der oben genannten Effekte aufgetreten sein und das Schaltverhalten ist nachwievor nicht in Ordnung, ebenfalls nach einem Ölwechsel, so macht es Sinn die Mechatronik zu überholen.

ESD

Entscheidend ist hierbei der sensible Umgang mit der Elektronik, da eine Berührung der Kontakte mit dem Finger bereits zu einer Entladung führen könnte, die die Elektronik schädigen kann.

Ersatzteile

Um die aufgetretenen Druckverluste im Zuge der Alterung zu reduzieren / einzudämmen habe ich das ZIP Kit von der Firma Sonnax aus den USA für ca. 120 € (August 2018) bestellt, ebenso eine Zwischenplatte, die die zwei Hälften der Mechatronik trennt und abdichtet, direkt bei ZF. Für diese Bestellung muss man vom Getriebe die Getriebestücklistennummer durchgeben 1068.... (10-stellig).
Die Zwischenplatte liegt inkl. Versand bei ca. 68 €.

Ölwanne

Wie bei jedem Ölwechsel ist auch hier der Ersatz der vorhandenen Ölwanne zwingend notwendig, da der Filter in der Ölwanne integriert ist.

Ölstandsmessung

Der Ölstand sollte bei ca. 40 °C gemessen werden mit laufendem Motor und Getriebe in Stellung P mit angezogener Handbremse, gemäß Service Informationen von ZF:

Quelle: https://www.zf.com/global/media/...zf/.../ZF_SI_Oelwechselkit_50145_DE.pdf

Hierzu wird die Öleinlassschraube in Fahrtrichtung hinten rechts, oberhalb der Ölwanne herausgedreht. Das Öl sollte mit geringer Intensität aus der Bohrung heraus tröpfeln (das Öl bitte auffangen, damit es das Grundwasser nicht verseucht).
Durch diese Bohrung wird das Getriebe auch wieder mit Öl befüllt.
Hierfür eignet sich eine 0,5 l Handpumpe mit zwei Schläuchen am Besten.

Arbeitsschritte

Abnahme des Steckers vom Getriebe, durch eine Linksdrehung, zuvor den Bereich großzügig mit Bremsenreiniger abspülen.

Abziehen der Dichthülse, hierzu den weißen Verriegelungsstift vorsichtig entriegeln und nach unten ziehen

Abnahme der Ölwanne, zuvor das Öl ablassen und die Menge erfassen um die Befüllmenge nach dem Wechsel bestimmen zu können als grobe Indikation.

Abnahme des Schaltschiebergehäuses (valve body), hierzu die Torx T40 Schrauben lösen, am Besten zuerst die Schrauben vom Kunststoffträger, zwei Schrauben drin lassen, so dass das Gehäuse nicht einfach auf den Boden fallen kann (ca. 5 kg Gewicht).

Erneuerung der Dichtbrille zur Ölpumpe sowie der 4 Dichthülsen, die in der Mitte des Getriebes eingesteckt sind

Das ZIP Kit beschreibt nun, wie das Gehäuse geöffnet und welche Endkappen oder Kolben gewechselt werden müssen.

Interessant ist hierbei, dass viele Kolben recht leicht herausgehen und nicht einmal mit einer Dichtung versehen ist. Sprich hier sind von Anfang an bereits Druckverluste einkalkuliert.
Sehr schön kann man hierbei auch sehen, dass der Abtrieb zur leichten Abbrasion an den Kolben geführt hat und somit die Druckverluste verstärkt hat.

Das Sonnax Zip Kit ersetzt alle Endkappen, durch neue, die mit zwei Dichtungen versehen sind, so dass die Druckverluste abgestellt werden.

Die Endkappen

Lassen den Druck entweichen, höchstwahrscheinlich mit verantwortlich für die sägende Wandlerüberbrückungskupplung (die neuen sind mit einer doppelten Dichtung versehen. Die alten vielen ganz leicht raus, haben somit nur gering abgedichtet. Die neuen Endkappen unbedingt nur drehend in das Gehäuse einführen, sonst wird die Dichtung beschädigt und schält sich ab.

Endkappen mit Haltebügel

6 Dämpferkolben (Hauptursächlich für schlechte Schaltvorgänge)

Die neuen (längeren) Kolben sind mit Federn ausgestattet, die alten waren mit Kunststofffederbalgen ausgestattet

Steuerkolben für die Druckregelung
Auch hier lässt sich ein Verschleiß an der Alukappe erkennen,
ebenfalls verantwortlich für eine schlechte Druckversorgung

Steuerkolben Druckregelung

Endkappe Druckregelung, Verriegelungsstift

Dichtbrille
Die Dichtbrille sorgt für die Abdichtung der Hauptversorgung in die Mechatronik. Ist diese fehlerhaft, oder ausgehärtet, geht hier sofort eingangs der Druck verloren. Diese sollte alle 100.000 km erneuert werden.

Dichthülsen
Versorgen die Kupplungen und Bremslamellen mit dem nötigen Öldruck